"Die pure Lebenslust machte mich feministisch. Alles, was das Herz begehrte: wilde Abenteuer, lockende Fernen, tolle Kraftproben, Unabhängigkeit, Freiheit - das schäumende Leben schlechthin - schien in Tat, Wort und Schrift den Männern vorbehalten zu sein."

Iris von Roten stiess sich schon als Kind an der Ungleichbehandlung von Frauen und Männern, die sie in ihrem Umfeld beobachtete. Nachdem sie als eine von wenigen Frauen ihrer Zeit das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen hatte und wegen ihres Geschlechts keine Stelle fand, wurde sie noch stärker für feministische Anliegen sensibilisiert. Als Redakteurin beim "Schweizer Frauenblatt", die Zeitschrift des Bundes Schweizerischer Frauenvereine (BSF), entlarvte sie regelmässig und äusserst pointiert die fadenscheinigen Argumente der Gegner der Frauenbewegung.
1958 gab von Roten ihr Buch "Frauen im Laufgitter" heraus, an dem sie 10 Jahre lang gearbeitet hatte. Sie erwartete, damit eine ernsthafte Diskussion über die Stellung der Frauen in der Schweiz auszulösen, so wie dies 10 Jahre zuvor Simone de Beauvoir mit dem Klassiker "Das zweite Geschlecht" in Frankreich gelungen war. Doch die Schweizer Öffentlichkeit war wohl noch nicht bereit für von Rotens schonungslose Analyse. Eine Auseinandersetzung mit ihren Argumenten fand nicht statt. Stattdessen wurde die Autorin persönlich angefeindet und der Lächerlichkeit preisgegeben.
1959, nur ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung von "Frauen im Laufgitter", fand die erste Volksabstimmung über das Frauenstimm- und Wahlrecht in der Schweiz statt. Eine grosse Mehrheit der stimmberechtigten Männer verweigerte den Frauen ihre politischen Rechte. Von Roten wurde vom BSF beschuldigt, die Abstimmung mit ihrem radikalen Buch negativ beeinflusst zu haben. Der BSF hatte seine Strategie zur Erlangung des Frauenstimm- und Wahlrechts jahrelang auf Kompromisse - und nicht auf Konfrontation - mit der Männerwelt gelegt. Nach der harschen Kritik an ihrem Buch und an ihrer Person hielt von Roten zwar an ihren feministischen Überzeugungen fest, zog sich aber mehrheitlich aus der Öffentlichkeit zurück und wollte lange Zeit von der "Frauenfrage" nichts mehr wissen.