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MedienmitteilungVeröffentlicht am 22. Oktober 2025

Femizide: Massnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden konkretisieren sich

Bern, 22.10.2025 — Angesichts der alarmierenden Anzahl Feminzide in der Schweiz definierte der für die Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zuständige Ausschuss im Juni drei dringliche Massnahmen, namentlich in den Bereichen Prävention und Schutz von Gewaltbetroffenen. Das Gremium bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Kantonen und Gemeinden hat gestern eine erste Bilanz zur Umsetzung der Massnahmen gezogen.

Die Daten belegen, dass häusliche, sexualisierte und geschlechtsbezogene Gewalt in der Schweiz ein ernstes Problem darstellt. Allein im Bereich der häuslichen Gewalt verzeichnete die Polizei im Jahr 2024 21 127 Straftaten, was einem Anstieg von 6 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Laut Angaben der betroffenen NGOs ist auch die Anzahl Femizide im Jahr 2025 angestiegen. In dieser besorgniserregenden Lage beschloss der Ausschuss für die Koordination der Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt im Juni, die Bemühungen zu intensivieren, um die Sicherheit aller Frauen und Mädchen in der Schweiz zu gewährleisten. Es wurden konkrete Massnahmen festgelegt, insbesondere in Bezug auf den Schutz von Gewaltbetroffenen, die Gewaltprävention und die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen. An seiner Sitzung vom Dienstag hat der Ausschuss, in dem Bund, Kantone und Gemeinden vertreten sind und der vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) koordiniert wird, die konkreten Fortschritte bei der Umsetzung dieser drei Massnahmen überprüft.

Entwicklung regionaler Lösungen zur Schliessung von Lücken bei Plätzen in Schutz- und Notunterkünften

Die Botschaft zur Teilrevision des Opferhilfegesetzes wurde heute vom Bundesrat verabschiedet. Sie enthält die von den Kantonen in der Vernehmlassung grossmehrheitlich geforderte Verpflichtung, für die Bereitstellung von Schutz- und Notunterkünften sowie für Angebote von Anschlusslösungen zu sorgen. Parallel dazu hat eine von der Schweizerischen Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) einberufene Arbeitsgruppe einen Vorschlag erarbeitet, der den Mitgliedern der Plenarversammlung SODK am 7. November 2025 zur Genehmigung unterbreitet wird. Die Massnahmen streben unter anderem an, die Unterkunftsangebote inklusiver auszugestalten, Anschlusslösungen nach Aufenthalten in Schutz- und Notunterkünften auszubauen, wie auch die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene zu stärken; Herausforderungen, die der von der SODK in Auftrag gegebene Analysebericht vom 12. November 2024 sowie der Bericht des Bundesrats vom 25. Juni 2025 aufgezeigt haben.

Verstärkung der Gewaltprävention in Trennungsphasen durch Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen und Aktualisierung von standardisierten Ansätzen

Trennungen sind Hochrisikophasen; häusliche Gewalt in solchen Phasen zu erkennen, kann Leben retten. Der Leitfaden der Schweizerischen Konferenz gegen Häusliche Gewalt «Kontakt nach häuslicher Gewalt?» wurde deshalb aktualisiert und wird heute veröffentlicht. Zusammen mit einem konkreten Instrument zur Erkennung von häuslicher Gewalt in Trennungs- und Scheidungsverfahren, das sich im Kanton Waadt bereits bewährt hat, wird er den betroffenen Fachleuten in der ganzen Schweiz zur Verfügung gestellt.

Auch die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen wird gestärkt; bis Ende Jahr werden für weitere Berufsgruppen, namentlich Soziale Arbeit und Psychiatrie und Psychologie sogenannte Minimalstandards zur Verfügung gestellt. Sie komplettieren bereits existierende für Berufsgruppen, die häufig mit Betroffenen von Gewalt konfrontiert sind, darunter Recht und Gesundheitsberufe. Bund und Kantone unterstützen die Bekanntmachung in den relevanten Fachgremien.

Systematische interinstitutionelle Analyse von Fällen von Femiziden

Für die Einführung einer systematischen interinstitutionellen Analyse von Femiziden mit dem primären Ziel, den Opferschutz zu stärken und weitere Femizide vorzubeugen, wird mit Hochdruck an der Verbesserung wesentlicher Grundlagen gearbeitet: Der Vorstand der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren hat beschlossen, eine Überprüfung der bestehenden Qualitätsstandards für das kantonale Bedrohungsmanagement vorzunehmen. Damit wird die Aufarbeitung von Femiziden unter Einbezug aller relevanten Behörden zusätzlich gestärkt. Zudem genehmigte der Vorstand ein Projekt zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen gegen häusliche Gewalt. Den Kantonen werden Instrumente aufgezeigt, um ihre Gesetzgebung zu verbessern, beispielsweise durch Optimierung des Informationsaustauschs zwischen den Behörden. Das Bundesamt für Statistik wird im November 2025 eine Sonderauswertung aller Tötungsdelikte von 2019 bis 2023 veröffentlichen, um Einblicke in Tatumstände und Ursachen zu gewinnen. Diese Erhebung folgt auf frühere Studien, die zeigten, dass rund die Hälfte der Tötungsdelikte im häuslichen Bereich stattfand, wobei Frauen überwiegend die Opfer waren. Mit Vorliegen dieser relevanten Grundlagen kann das weitere Vorgehen von den zuständigen Behörden beschlossen werden.

Diese Massnahmen reihen sich in die von Bund und Kantonen verfolgte Politik zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt ein. Die Schweiz hat die Istanbul-Konvention 2018 ratifiziert. Im Anschluss hat der Bundesrat einen Nationalen Aktionsplan (NAP IK) mit 44 Massnahmen in den drei Schwerpunkten Sensibilisierung, Aus- und Weiterbildung sowie sexualisierte Gewalt verabschiedet und 2021 parallel dazu die Roadmap zur häuslichen Gewalt. Diese vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement koordinierte Initiative deckt Bereiche wie das Bedrohungsmanagement, die elektronische Überwachung und die Opferhilfe ab. Abgestimmt auf die Abschlussarbeiten zur Roadmap wird 2026 zur Umsetzung des NAP IK eine Schlussbilanz gezogen. Die künftige Ausrichtung der Strategie zur Prävention und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer, sexualisierter und häuslicher Gewalt in der Schweiz wird anlässlich eines nächsten Nationalen Dialogs festgelegt.

Um Gewalt frühzeitig vorzubeugen, lanciert der Bund am 11. November 2025 unter der Schirmherrschaft von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider zusammen mit einer breiten Allianz von Bund, Kantonen und Nichtregierungsorganisationen eine nationale, mehrjährige Präventionskampagne gegen häusliche, sexualisierte und geschlechtsbezogene Gewalt.

Medienmitteilung vom 26. Juni 2025: Femizide: Bund, Kantone und Gemeinden legen dringliche Massnahmen fest

Umsetzung der Istanbul-Konvention in der Schweiz

Zwischenbericht zum Nationalen Aktionsplan der Schweiz zur Umsetzung der Istanbul-Konvention 2022–2026

Häusliche Gewalt: Roadmap von Bund und Kantonen

Leitfaden-Kontakt nach häuslicher Gewalt - CSVD

Stop Femizid * – Rechercheprojekt Femizide in der Schweiz